Wut im Web – Haltung zeigen!

Textbild, Schriftzug Hate (englisch) mit pinkem Farbverlauf
Published On: 18. Dezember 2019By

„Mörder, Vergewaltiger, Rassenmischung, Kanaken-Werbung“ sind nur einige der wüsten Beschimpfungen, die auf ein Werbeplakat der DAK-Gesundheit folgten. Seine Erfahrungen zum Umgang mit Hasskommentaren im Netz teilte Jörg Bodanowitz, Pressesprecher der DAK-Gesundheit, beim jüngsten Stammtisch Wissenschaftskommunikation mit uns.

Ein junges Paar betrachtet ein Ultraschallbild ihres ungeborenen Kindes: Es ist ein Werbeplakat wie jedes andere – denkt man. Doch plötzlich entlädt sich ein rechtspopulistischer Shitstorm auf Facebook. Warum? Das abgebildete Paar passt offenbar nicht in das Weltbild einiger Menschen, die sich an Hautfarbe und Frisur des Mannes zu stören scheinen. In seiner Reaktion bekennt sich das Team der DAK-Gesundheit zu ihren Werten und startet mit dem Tweet #Haltung eine Gegenkampagne.

Hass und Hetze im Netz können auch wissenschaftliche Einrichtungen treffen. Wie navigiert man als Kommunikator*in durch einen Shitstorm? Unsere zehn wichtigsten Learnings aus dem Gespräch mit Jörg Bodanowitz:

  1. Augen auf!
    Wer gegen einen Sturm gewappnet sein möchte, braucht eine zuverlässige Sturmwarnung. Ein regelmäßiges Monitoring eigener und fremder Social-Media-Kanäle hilft, frühzeitig über Entwicklungen informiert zu sein.
  2. Vorbereitung ist alles
    Wer macht was bis wann? Die DAK-Gesundheit musste auf die Hass-Kampagne noch spontan reagieren. Ein vorbereiteter Krisenplan wäre entlastend gewesen. Dieser definiert Abläufe und Zuständigkeiten und enthält die Maßnahmen, die sich aus dem festgelegten Wertekanon des Unternehmens ableiten sollten.
  1. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter nicht allein!
    Schulen Sie alle Mitarbeiter*innen im Umgang mit einem Shitstorm und machen Sie sie mit den Social-Media-Guidelines vertraut! Simulieren Sie intern einmal einen Krisenfall.

 

  1. Gegenkampagne einen Namen geben
    Starten Sie eine starke und einprägsame Gegenkampagne. Die DAK-Gesundheit transportierte mit dem einfachen Hashtag „Haltung“ eine klare Botschaft. Durch das Hashtag konnte das Team auch nachvollziehen, wer darauf reagierte und wann.

 

  1. Aussitzen geht nicht: Schnelle Reaktion ist gefragt
    Nicht jede Kritik führt automatisch zu einem Shitstorm. Dennoch gilt es, innerhalb von wenigen Stunden und gut überlegt zu handeln. Wer schweigt und zu lange wartet, verliert. Denn keine oder eine verzögerte Reaktion signalisiert Trägheit und Gleichgültigkeit.

 

  1. Haltung zeigen und authentisch bleiben
    Was sagen wir jetzt? Positionieren Sie sich bei Angriffen im Internet deutlich – durch klare und einfache Botschaften. Kommunizieren Sie souverän, sachlich und glaubwürdig. Stützen Sie sich auf die vorher festgelegten Werte. Die #Haltung-Kampagne der DAK-Gesundheit ist dafür ein wunderbares Beispiel.

 

  1. Don’t feed the troll!
    Behalten Sie die Hoheit über die Diskussion, reagieren Sie auf Beiträge und vertreten Sie Ihren Standpunkt. Der Verein #ichbinhier beispielsweise will Hatern nicht das Feld überlassen. Er setzt sich für positive, konstruktive Antworten ein, um vor allem „stille Mitleser*innen“ zu erreichen. Aber: Lassen Sie sich nicht in Diskussionen hineinziehen. Sperren Sie Trolle. Bei Verstößen gegen geltendes Recht gilt: melden bzw. Strafanzeige stellen.

 

  1. Community mobilisieren
    Schaffen Sie Öffentlichkeit: Pressesprecher Jörg Bodanowitz berichtete in Interviews über die Kampagne und seine Sicht auf die Dinge. Die Krankenkasse erhielt Unterstützung von Kund*innen, Politiker*innen sowie Medien – und von vielen Mitarbeiter*innen. Sie ließen sich vor dem Plakat fotografieren und unterstützten damit die Haltung-Kampagne.

 

  1. Keine Angst vorm Shitstorm
    Ein Shitstorm muss kein Weltuntergang sein. So schaffte es zum Beispiel das DAK-Team, einen rassistischen Angriff ins Gegenteil zu verkehren – und die Reputation der Kasse zu stärken. Der Tweet #Haltung wurde zum erfolgreichsten Tweet in der DAK-Social-Media-Historie.

 

  1. Positionierung nachhaltig nutzen
    Die Shitstorm-Erfahrungen und die daraus resultierende Positionierung können für künftige Kampagnen genutzt werden. In ihrer aktuellen Initiative „Für ein gesundes Miteinander“ etwa ruft die Krankenkasse zu einem toleranten, respektvollen und einfühlsamen Umgang zwischen uns Menschen auf.