Und was machst du sonst so, Maurice Rieger?

Maurice Rieger sitzt in einem künstlerisch gestalteten Raum und schaut freundlich in die Kamera. Im Hintergrund steht "Nice Dry" auf der Wand.
Published On: 30. April 2024By

Und was machst du sonst so? Mit unserer neuen Reihe stellen wir Menschen aus unserem Team vor und befragen sie zu dem, was sie machen, wenn sie nicht in der Agentur arbeiten. Wir starten mit Maurice Rieger, der seit April unser Kreativ-Team als Art Director verstärkt.

2022 hast du die Initiative und Veranstaltung „Nice Dry!“ ins Leben gerufen und mit ihr den „Was ist Gut?“-Preis des Deutschen Design Clubs gewonnen. Worum geht es Dir bei deinem privaten Projekt?

Die Grundidee ist, die Stigmatisierung von Suchterkrankungen abzubauen. Darüber hinaus möchte ich das Image von Nüchternheit aufpolieren und besser zugänglich machen – auch für Menschen, die gerade strugglen. Mit „Nice Dry!“ wollte ich ein niederschwelliges Kunst- und Kulturevent ins Leben rufen, eine Identifikationsplattform, die Menschen zusammenbringt und anstößt, über Kunst ins Gespräch zu kommen. Dadurch, dass das Ganze wie ein Lifestyle-Event aufgemacht war, haben wir das Thema cooler gemacht, auch für Menschen, die das Thema sonst eher nicht anspricht. Es sieht dadurch nicht so eingestaubt aus wie ein Angebot der klassischen Suchthilfesysteme, sondern kommt aus dem Kreativwirtschafts- und Kulturkosmos.

Die Initiative sticht durch lustige Wortspiele und bunte, fröhliche Designs ins Auge. Wie kann Kommunikation und Design dazu beitragen, den gesellschaftlichen Umgang mit Sucht und Nüchternheit zu verändern?

Kommunikation fällt vor allem da auf, wo sie alles anders macht als alle anderen. Wenn dann zwischen dem Blauen Kreuz und den Anonymen Alkoholiker*innen „Nice Dry!“ um die Ecke kommt, fällt das logischerweise auf. Das Thema ist ja auch schwerfällig. Vielleicht beschäftigen sich Menschen durch eine freundliche Bildsprache überhaupt erst mit dem Thema und sind ihm wohlgesonnen. Das Wichtige ist, dass man – wie bei vielen Mental-Health-Themen – weniger auf den Missstand schaut, sondern auf die Chancen, die in der Überwindung und Genesung liegen, und das Positive in den Fokus rückt. Dabei widersprechen sich eine humorvolle Kommunikation und ein ernster Inhalt überhaupt nicht. Mit einem gewissen Humor auf das Thema zu blicken, gibt Kraft und Hoffnung. Und dadurch, dass alle Beteiligten der Initiative selbst nüchtern leben, ist diese Kommunikation per se authentisch und glaubwürdig.

Zentrales visuelles Motiv der Kommunikation von „Nice Dry!“ ist ein Regenschirm. Wie kamst Du auf diese Idee?

Dry heißt trocken bleiben. Der Schirm steht für einen Schutzschirm, sich gemeinsam sicher fühlen, nicht im Regen stehen. Das war die Grundidee. Ich weiß gar nicht, ob Schirm oder Name zuerst da war – das hat sich wie von selbst ergeben.

Bisheriger Höhepunkt von „Nice Dry!“ war eine Veranstaltung im „Kultur und Gut“ in Altona. Ob bekannte Podcaster*innen, Künstler*innen oder Musiker*innen: Für das Event konntest du eine Menge tatkräftiger Mitstreiter*innen an Bord holen. Wie hast Du das geschafft?

Zuerst hatte ich nur die Grundidee für die Live-Podcasts skizziert – da haben schon die Ersten zugesagt. Parallel dazu habe ich die Location angemietet. Der erste Sponsor war Fritz-Kola, da hatte ich aus meiner früheren Agenturzeit einen Kontakt. Das lief am Anfang alles parallel. Anschließend habe ich mit dem Logo einen Instagram-Kanal aufgemacht und das ganze Projekt erst einmal etwas größer aussehen lassen. Das heißt: Ich habe erst ein Infosheet geschrieben, ein, zwei bekannte Sponsor*innen, Ausstellende und die ersten Podcasts genannt, und das dann als Mappe herumgeschickt. Teilweise habe ich einfach Sprachnachrichten über Instagram verschickt. So sind zum Beispiel Max Richard Leßmann und Arne Zank von Tocotronic dazugekommen. Ich hatte mir eine Liste von Menschen aus der Kulturlandschaft erstellt, die nüchtern leben, und sie angefragt. Natürlich gab es auch ein paar Absagen. Aber als ich zwei, drei bekannte Namen beisammenhatte, war der Rest ein Selbstläufer.

Wie geht es mit „Nice Dry!“ jetzt weiter?

Im Laufe des letzten Jahres haben wir die Mitschnitte der Liveaufnahmen von unserer Veranstaltung veröffentlicht und einen eigenen Podcast gestartet. Da dachten wir uns: Eigentlich muss das Event noch einmal stattfinden. Wir müssen uns jetzt nicht mehr alles neu ausdenken, sondern können ein neues Lineup entwickeln und ein paar Programmpunkte hinzufügen. Deshalb wird es 2025 ein Folge-Event  geben. Der eigentliche Plan war, das Veranstaltungsformat auch im aktuellen Jahr in Hamburg und Berlin durchzuführen. Das wurde uns dann aber zu viel undwir haben uns dazu entschlossen, ein Jahr zu pausieren. Außerdem gründen wir jetzt einen Verein. Diese rechtliche Basis kann enorm dabei helfen, die finanziellen Risiken abzufedern und Kooperationspartner*innen wie auch Sponsor*innen zu finden.

Du bist ausgebildeter Erzieher und studierter Kommunikationsdesigner, hast schon als Integrationshelfer, Art Director und Fotograf gearbeitet. Was hat dich nach diesem ungewöhnlichen Weg zu Mann beißt Hund gebracht?

Nach längerer Zeit in einer Agentur wollte ich etwas anderes machen und habe wieder als Erzieher gearbeitet. Schnell hat mir aber das Kreative gefehlt. Das konnte ich zwar bei „Nice Dry!“ verwirklichen, aber ich hatte den Drang, auch im Alltagsgeschäft wieder kreativ zu arbeiten. Die Themen im Portfolio von Mann beißt Hund finde ich wirklich spannend. Etwas Sinnstiftendes zu machen und die eigenen Skills für eine gute Sache einzusetzen, wie ich es schon bei „Nice Dry!“ getan habe – das hat mich sehr motiviert, bei Mann beißt Hund anzufangen.

Mehr zu “Nice Dry!” gibt es auf Instagram.

In den Podcast der Initiative hier reinhören.